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Ragnarök Festival - 25.-26. April 2014
Prognosen zum Weltuntergang haben alle eines gemeinsam: Kleinlaut muss der Prophet im Nachhinein zugeben, sich geirrt zu haben. Ob Maya-Anhänger oder Scientologen: sie lagen alle bisher ganz daneben… Ganz daneben? Nein! Eine von unbeugsamen fränkischen Metalheads bevölkerte Stadt hört nicht auf, Jahr um Jahr den Weltuntergang zu feiern. Wir befinden uns im Jahr 2014 n. Chr. und ganz Lichtenfels ist von langhaarigen, überwiegend schwarzgewandeten Gestalten besetzt: Es ist wieder eine Woche nach Ostern – Zeit für die Festivalinstitution, wenn es um Folk-, Pagan- und Black-Metal geht: Das Ragnarök.





Nach dem eisigen Gastspiel der Frostriesen im letzten Jahr, erwarten den geneigten Festivalbesucher in diesem Jahr sommerliche Temperaturen – zumindest am Freitag. Samstag lässt sich der Donnergott dann nicht nehmen, seinen Hammer auszupacken, um Blitz, Donner und Hagel vom Himmel zu schleudern. Dem grandiosen Festival in der Stadthalle Lichtenfels tut das jedoch keinen Abbruch. Wieder spielt das Who-is-Who der Szene bei perfekter Organisation und in der Regel gutem Sound. Leider bekommt aber auch dieses Jahr das Catering wieder nur eine 4 minus. Das Essen macht satt und das Bier löscht den Durst. Dabei hat Franken so gutes Essen und noch viel besseres Bier zu bieten. Die Welthauptstadt des Bieres, Bamberg, liegt ja quasi um die Ecke. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.


Tag 1

Die Oldenburger CRAVING eröffnen den Freitag mit einer eigenwilligen Mischung aus Pagan, Death und Black Metal. Vor einer zugegeben noch nicht sehr großen Schar Heiden geben die Niedersachsen aber schon ordentlich die Richtung für die kommenden Stunden vor. Danach dürfen sich die Italiener Krampus am Einheizen der wachsenden Mengen versuchen und schlugen sich trotz schwachem Sound ganz achtbar. Das Septett aus Undine bieten folkig angehauchten Metalcore – auch etwas eigenwillig aber solide. Mit den Schwarzwurzeln Creature aus Baden-Würtemberg schlägt das Ragnarök dann erst einmal düstere Pfade ein. Giftiger Black-Metal schallt aus den Boxen – Warpoint und Nieten sorgen für die passende optische Komponente. Leider trifft den Fünfer aus Stuttgart das gleiche Schicksal, das viele Schwarzmetaller live erdulden müssen: Bass und Schlagzeug dominieren die Gitarren komplett. Filigrane Gitarrenlinien gehen somit komplett unter. Zum Glück sind Creature eher fürs Grobe als für das Filigrane, sodass es hier weniger stört.

Über schlechten Sound müssen sich Ingrimm nicht beklagen. Beim Mittelalter-Metal der Regensburger sitzen Geigen, Drehleiher und Flöten perfekt – die Gitarren sind ohnehin nur rhythmisches Beiwerk. Natürlich kann man als Mittelalter-Kombo wenig falsch machen, aber Ingrimm quellen über vor Spielfreude und bringen so die erstmals volle Halle zum Kochen. Feilgeboten wurden dabei Songs aus allen Bandepochen – vom aktuellen ‘Henkt ihn!’ bis zu älterem Liedgut wie 'Skudrinka' und 'Diaboli'.

Nach dem Schunkelmetal von Ingrimm holen Minas Morgul den Küppel aus dem Sack. Tight, brutal aber auch etwas stumpf kommen die Frankfurter daher. Den vielen mitgebrachten Fans feiern die Meyster des Blutes dennoch ab und viele Nacken werden hier einem Härtetest unterzogen. Sehr speziell sind dann im Anschluss Fäulnis. Die Hamburger Black-Metaller - allen voran Sänger Seuche - werden bestimmt in keinen Recall eingeladen – weder bei Dieter noch bei Heidi. Das dürfte aber wohl auch kaum das Ziel dieser intelligenten Mischung aus Black-Metal, Doom und Punk mit deutschen Texten sein. Und so liefern Fäulnis mit ‘Weiße Wände’, ‘Hiroshima’  und ‘30. Juli, bewölkt’ den richtigen Kontrapunkt zu den bisherigen Bands.

Mit intelligentem deutschen Black-Metal geht es dann auch weiter. Die inzwischen als Eïs bekannten Geïst dürfen ihren grandiosen Auftritt vom letzten Jahr wiederholen. ‘Durch lichtlose Tiefen’  und vorbei ‘Am Abgrund’ führen uns Albion und seine Mannen. Ähnlich wie Fäulnis und die nachfolgenden Arkona profitieren die Westfalen von der kurzfristigen Absage von Graveworm. Mit verlängerter Spielzeit kommt kein Album aus dem umfangreichen Repertoire zu kurz – weder 'Galeere', noch 'Kainsmal'. Den Abschluss macht dann der ‘Mann aus Stein’.

An dieser Stellen hätten nun die Südtiroler Graveworm das Zepter übernehmen sollen. Leider jedoch mussten die Düstermetaller aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung des Drummers absagen. Das Timing war mit Donnerstagnachmittag derart schlecht gewählt, dass die selbst die in der Vergangenheit sehr flexibler und handlungsschnelle Festivalorga um Ivo nicht mehr in der Lage war, Ersatz aufzutreiben. Ärgerlich für die Graveworm-Fans, aber Glück für jene, deren Lieblingsbands dadurch Spielzeit hinzugewannen.

Nach so viel Schwarzmetall schlägt dann das Pendel mit Arkona wieder heftig Richtung Pagan aus. Die Russen um Frontfrau Masha bieten Pagan mit viel Slawischen Einfluss dar. Sie bewegen sich abseits der ausgetretenen Pfade des Met- und Sauf-Pagan-Metals – sind sich aber auch für Gassenhauer nicht zu schade. Bei einer gelungenen Mischung aus Stücken des neuen Albums wie ‘Serbiaund älteren wie ‘Goi Rode Goi’ und  ‘Slavsia, Rus’ fegt Masha wie ein Derwisch die Bühne hoch und runter. Die Frau stellt konditionell wohl viele Marathonläufer in den Schatten.

Nach den Russen folgen – man mag es kaum glauben – Borknagar. Die Norweger waren bereits für die letzten beiden Ragnaröks angekündigt, kamen dann aus dem einen oder anderen Grund nicht. Daher stand die Wettquote für ein abermaliges Nichterscheinen ziemlich gut. Unbeeindruckt von den Wettquoten und dem Fehlen eines Sängers zeigen die Viking-Metaller dem geneigten Publikum, dass sich das Warten gelohnt hat. Weniger zugänglich als Arkona und etwas getragener hat das Sextett Black-/Viking-Metal aus allen Epochen von Borknagar im Gepäck: von ‘Oceans Rise’ vom 1998er ‘Archaic Course’ bis zu ‘Epochalypse’ vom aktuellen Album.  Stammsänger Vintersorg wird dabei von Susperia-Sänger Athera würdig vertreten.

Dann wird es Zeit für den Headliner und eine ordentliche Portion Humppa. Mit viel Spielfreude und Energie und langgezogenen Ohren feuerten Finntroll ein Hitfeuerwerk auf die Stadthalle Lichtfels ab: ‘Nattfödd’, ‘Jaktens Tid’, ‘Solsagan’ und natürlich ‘Trollhammaren’. Ansonsten kam natürlich auch das aktuelle Album ‘Blodsvept’ nicht zu kurz.

Krönender Abschluss des Freitags sind dann Kampfar. Die Urgesteine des Norwegischen Black-Metal sorgen auch für den Lacher des Festivalwochenendes. Beinahe hätte der deutsche Zoll den Auftritt verhindert: Was in 20 Jahren Bandgeschichte nie ein Problem gewesen war, wurde nun als gefährliche Waffe von eifrigen Flughafenbeamten einkassiert.  Und so musste Sänger Dolk erstmalig auf sein mit ellenlangen Nägeln besetztes Armband verzichten. Dass Wut im Bauch einer Black-Combo nicht schadet, versteht sich von selbst. Und so zockt sich der Vierer aus Bergen routiniert durch sein Set. Im Vordergrund stehen natürlich Songs vom taufrischen ‘Djevelmakt’ garniert mit den Klassikern wie ‘Hymne’ und ‘Ravenheart’.



Tag 2

Den Samstag eröffnen Firtan gefühlt kurz nach dem Frühstück. 12:00 ist eine sehr undankbare Zeit, aber die jungen Badener machen das Beste draus. Etwas nervös, aber mit viel Enthusiasmus spielen die Jungs heidnischen Black-Metal, der den für die Uhrzeit schon recht zahlreich erschienen Publikum Respekt abnötigt. Fast ohne Pause folgen Waldgeflüster nach. Sichtlich unzufrieden, nur 20 Minuten zugestanden bekommen zu haben, legen sie ohne großen Soundcheck gleich los, sobald die letzten Takte von Firtan verklungen sind und gewinnen so fast 50 Prozent Spielzeit hinzu. Es ist etwas schade, dass so großartige Musik so früh verheizt wird. Allerdings muss man zugeben, dass das just erschienene Album ‘Meine Fesseln’ bei weitem nicht mehr so episch daherkommt wie sein Vorgänger ‘Femundsmarka’. Zum Glück aber kommt ebenjenes Album nicht zu kurz.

Die Thüringer Odroerir sind bereits Stammgäste auf dem Ragnarök, bilden sie doch seit Jahren zusammen mit XIV Dark Centuries und Menhir die Speerspitze des deutschen Heiden-Metals. Im Gegensatz zu ihrem Julfest-Auftritt in Berlin treten Odroerir wieder in voller Besetzung an. Sängerin Natalie ist ebenso wieder mit an Bord wie Bassist Marley. Trotz der frühen Uhrzeit und der kurzen Spielzeit sind die Thüringer sichtlich gut gelaunt und spielen sogar ein Stück vom hoffentlich bald erscheinenden neuen Album.

Schon etwas mehr Zeit bekommen Skalmöld zugesprochen. Mit drei Gitarristen zocken die Isländer punkigen Viking-Metal. Das Sextett strotzt geradezu vor Spielfreude und gewinnt mit Sicherheit eine Menge neuer Fans. Nach den noch relativ unbekannten Isländern entert eine DER deutschen Pagan-Institutionen die Bühne.


Adorned Brood haben eine Frischzellenkur hinter sich, die nur Markus Frost als das letzte verbleibende Gründungsmitglied überstanden hat. Trotzdem oder vielleicht auch deswegen versprühen die Westfalen eine Power, von der sich andere Gruppen eine große Scheibe abschneiden können. Natürlich lassen es sich die Jungs um Querflötistin Anne dann auch nicht nehmen, den Klassiker aller Trinklieder auszupacken: ‘Sieben Tage - Was wollen wir trinken’.

Ähnlich durstig aber deutlich schwerer bewaffnet nehmen XIV Dark Centuries die Bühne im Sturm. Unterstützt von einer befreundeten Schaukampfttruppe in voller Rüstung wird ‘Schlachtengesang’ angestimmt. Während der folgenden Lieder lassen es sich die tapferen Recken nicht nehmen, zu zeigen, dass man die mitgebrachten Schwerter und Schilde auch gegeneinander schwingen kann. Während die Thüringer Klassiker wie ‘Bragarful’ anstimmen, bewachen die vier Schaukämpfer mit ernstem Blick die Bühne. Die Security verlebt einen selten ruhigen Auftritt, während die Fans die Thüringer verdient abfeiern.


Wenn eine Band beim Ragnarök Bock hatte, dann wohl Finsterforst. Die Schwarzwälder spielen flotten Pagan mit Akkordeon weit ab der üblichen Humppa-Schunkelei, auch wenn ihre Interpretation der ‘Försterhochzeit’ wohl das Mitgröhlstück des Wochenendes darstellt.

Fjoergyn gehören ja irgendwie zum Inventar des Ragnarök. Wirklich spannendes haben die selbsternannten Avantgarde-Metaller aber nicht beisteuern, so dass sich der Schreiber dieser Zeilen lieber durch Gewitter und Hagel zu einer längeren Essenspause begibt. Daher müssen auch die Italiener Stormlord auf eine Dokumentation ihres Auftritts verzichten.

Pünktlich zur wahnsinnigsten Bands des Festivals – vielleicht sogar der Welt –, Trollfest, ist der Rezensent dann wohlgestärkt wieder vor Ort. Wer diese Norweger mag tut dies sicherlich nicht (ausschließlich) wegen der Musik. Diese sieben Irren sind aktuell nicht umsonst auf der ‘Kaos over Europe’- Tour. Neben chaotischem Metal bieten die Trolle noch folgenden Irrsinn auf: Tambourin, ein Triangel, ein Banjo, zwei Höhlenmenschen, ein zweites Schlagzeug und ein Saxophon sowie ca. 30 Statisten aus den Reihen Finsterforst, Skalmöld und viele andere. Musikalisch nicht sonderlich wertvoll, aber ein Happening sondergleichen.

Agrypnie sind überzeugte Wiederholungstäter was das Ragnarök angeht. Dieses Mal haben sie ein Jubiläums-Set im Gepäck. „10 Jahre Agrypnie! Wer hätte das gedacht?“ skandiert Sänger Torsten sichtlich bewegt. Ähnlich bewegend ist dann auch der Auftritt, genau wie das letzte Jahr – nur diesmal mit Intro. Neben Songs vom aktuellen Album ‘Aetas Cineris’ kamen natürlich auch alte Songs nicht zu kurz. Was wohl Descartes zu dieser Interpretation seinen ‘Cogito ergo sum’  sagen würde?

Weiter geht der Reigen feinsten deutschen Black-Metals mit Imperium Dekadenz. Mit stimmungsvollem Bühneaufbau und perfektem Sound gehen die Spielzeit nach nur fünf Songs viel zu schnell vorüber, darunter ‘Aue der Nostalgie’ und ‘Tränen des Bacchus’. Zum perfekten Auftritt fehlt eigentlich nur noch ‘Ave Danuvi’ .



Alle, die noch den beeindruckenden Auftritt von Manegarm auf dem Ragnarök 2011 im Ohr haben, wundern sich nicht schlecht als diese loslegen. 2014 kommen die Schweden deutlich härter und ohne Geiger daher. Dieser hatte die Band im Vorfeld der letztjährigen Veröffentlichung verlassen uns so wundert es kaum, dass mehrheitlich Stücke von ‘Legions of the North’ feilgeboten wurden. Das Publikum ließ sich davon nicht beirren und feierte die Wölfe gebührend ab.

Unangefochtener sind am Samstag eindeutig Satyricon. Diese legen los mit dem ersten Stück des aktuellen selbstbetitelten Albums – dem Instrumental ‘Voice of Shadows’. Mit dem nächsten Stück verbeugen sich Satyr und Frost vor den alten Fans: ‘Hvite Krists Død’ vom 1994er Album 'Shadowthron'e schallt durch die Halle. Der Fokus des Abends liegt aber klar auf 'Now, Diabolical' und dem neuen selbstbetitelten Album. Dennoch wird außer 'Rebel Extravaganza' und dem Debüt 'Dark Medieval' Times jedes Album wenigstens einmal angespielt. Viel zu schnell läutet dann die Black-Metal-Hymne 'Mother North den Anfang vom Ende ein. Gefolgt von dem Grovemonster 'K.I.N.G.' rocken sich Satyricon durch die Zugabe und ihrem wohlverdienten Feierabend entgegen.

Nicht weniger schwarz-metallischer gehen dann Todtgelichter ins Rennen. Optisch mag die Hamburger jedoch eher in ein anderes Lager verorten, treten doch Sängerin Marta und ihre Mitstreiter komplett in Weiß auf. Auch musikalisch heben sich Todtgelichter ab und bewegen sich auf avantgardistischen Pfaden. Auf zum 'Blutstern'!


Panzermetal haben sich Nachgarm und seine Kohorten auf die Fahnen geschrieben und Panzermetal bricht dann über das Publikum herein. Irgendwo zwischen Death- und Black-Metal verortet prügeln sich Negator routiniert mit hoher Präzision und maximalen Tempo durch ihr Set. Passt irgendwie nicht ins Billings, aber ein guter Rausschmeißer!


Alle Bilder vom Ragnarök-Festival 2014
in der Bilder-Galerie...



Bericht + (c) Fotos:
Hannes (www.dvergir.de)




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