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Festival-Berichte

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25.09. H.E.A.T Festival Rockfabrik Ludwigsburg

Nachdem das Festival dieses Jahr wieder in die RoFa zurück gekommen ist, konnten die Veranstalter mit einem Package aufwarten, dass es in sich hatte: Auf nicht weniger als sieben Bands aus sechs Ländern und drei Kontinenten durfte sich der geneigte Hörer von melodischem und klassischem Hardrock freuen.


Schon am Sonntag Nachmittag um 14.50 Uhr machte die junge Augsburger Glam-Truppe Hollywood Burnouts den Aufgalopp für einen mehr als vielseitigen Konzerttag. Ein kurzes Interview mit Gitarristin Chrizzy gibt es an anderer Stelle. Ausgestattet mit reichlich Hairspray, baumelnden Tüchern und anderen Accesoires, welche man von einer Kombo dieser Art erwarten kann, enterte der Vierer die Bretter der kleinen RoFa-Stage. Die durchaus gefälligen Songs im Stile von Bands wie Chrashdiet oder Hardcore Superstar kamen beim schon recht zahlreich erschienenen Glamrockfan gut an. So sorgten Titel der Marke Fake baby oder Roll the dice für erste kreisende Matten vor allem bei den jüngeren Fans in schicken Outfits der Hairmetal-Epoche. Ein wenig mehr action auf der Bühne würde der jungen Truppe sicher noch gut tun, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass der Gitarrist gleichzeitig singt. So fehlt ein echter Fronter, wie man es von Bands dieses Genres eher gewöhnt ist. Trotzdem war es ein solider Auftritt und hoffentlich werden wir von den Jungs und Mädels noch Einiges hören!

Eingeleitet von einem sphärischen Keyboard-Intro stieg mit Serpentine aus dem Vereinigten Königreich eine gute Melodic Rock Kapelle auf die Bühne. Charmebolzen Matt am Mikro gewann schnell die Lauscher der Zuhörer, von denen die Allermeisten die Band von der Insel wohl noch nicht kannten.Eingängige AOR-Songs wie Cry oder Philadelphia konnten die Fans von melodischem Hardrock durchaus überzeugen, auch wenn es der Band unterm Strich vielleicht noch ein wenig an Bühnenpräsenz und einem wirklich herausragenden Song fehlt. Die Band genoss ihren ersten Auftritt auf einer deutschen Bühne sichtlich und erntete auch ihren wohlverdienten Applaus vom sachkundigen Rofa-Publikum. Guter Auftritt!

Mit White Widdow aus Australien ging es in ähnlichem Stil mit einem weiteren Geheimtipp aus dem Melodic Rock Lager weiter. Auch bei dieser von Giuffria beeinflussten Band stehen von Keyboard-Teppichen untermalte Sounds auf dem Programm, die aber durchaus ihre Ecken und Kanten haben. Von down under kennen wir ja eher dreckigere Sounds. Doch der gut harmonierende Aussie-Fünfer konnte auch mit seinen melodischen Rocksounds bei der Meute punkten. Natürlich gab es für den Exotenstatus einen Sonderbonus und Sänger Jules Millis im lustigen Jack Sparrow-Look sorgte mit seinem ausschweifenden Aktionsradius für viel Kontakt zu den Fans. Wodurch allerdings für meinen Geschmack einige Mal die Präzision seines Gesangs litt, was der guten Stimmung aber keinerlei Abbruch tat. Cool, dass man ihn nachher selbst bei Keel und den Stage Dolls mit erhobener Pommesgabel in der Linken und einem Bier in der Rechten in der ersten Reihen beim Bangen beobachten durfte. Ein klarer Hinweis auf die überhaupt äusserst fanfreundliche Gestaltung dieses Festivals. Ausgedehnte Signing-Session, reelle Merch-Preisen und gut gelaunte Musiker, die einem allenthalben über den Weg liefen und gerne für einen smalltalk oder ein Prosit zur Verfügung standen. Nicht alltäglich heutzutage!

Dem Schwerpunkt des Festivals - Hardrock und Classic Rock melodischer Prägung - wurde in Form der Balinger Combo Human Zoo weiter Tribut gezollt. Keine Frage, die Jungs haben sich mittlerweile am AOR-Himmel der Republik etabliert und mit Eyes of the stranger gerade wieder ein bärenstarkes Werk in die Regale gestellt. Leider verpasste ich aufgrund eines Interviews das erste Drittel des Gigs.Was ich mitbekommen konnte, so war die Stimmung allerbestens und die Menge gröhlte tolle Melodic Rock Hymnen wie Taste like sugar oder das grandiose Fall in love hemmungslos mit. Immer wieder cool, die geschickt eingestreuten Saxophon-Einlagen, welche der Band eine ganz eigene Note verleihen. Die warme Stimme von Sänger Thomas Seeburger passt perfekt zum melodischen aber immer kraftvollen Rocksound von Human Zoo. Und die vor Spielfreude strotzende Band sorgte bei diesem Heimspiel für einen tollen Gig, abzulesen an Klampfer Ingolfs fettem Dauergrinsen. Ohne jeden Zweifel kann es diese sympathische Schwabenbande noch einige Sprossen in der Karriereleiter hinauf schaffen, wofür Auftritte wie dieser oder die Performance auf dem diesjährigen bang your head beitragen sollten. Hallo SWR1 und Konsorten, warum ignoriert Ihr solch starke Acts vor der Haustüre notorisch, während Ihr die Menschen bis zum Sanktnimmerleinstag mit den ewig gleichen und vorhersehbaren classic rock songs in Dauerrotation zu Tode nervt?

Wenden wir uns Shakra zu, auf deren Auftritt man mit dem neuen Mann am Mikro John Prakesh besonders neugierig sein durften. Die Eidgenossen haben in den letzten Jahren viele gigs in Deutschland gespielt und sich so mit ihrem erdigen Heavyrock völlig zurecht eine solide Fangemeind erspielt. Mit der neuen CD Back in track kann man an die Historie von einer Reihe hervorragender Scheiben anknüpfen. In puncto Dampf und Dynamik wurdel sogar noch mal Einer drauf gesetzt. So wurden auch vom Neuzugang John in gekonnter Manier einige neue Songs dargebracht, begleitet von einer perfekt harmonierenden Band, die sich mit der Präzision einer Maschine durch die Setlist rockt. Bei Shakra wird einfach Hardrock mit modernen Metalanleihen in bester Güte zelebriert, so einfach wie kompromisslos, bei allem Hang zu eingängigen Melodien immer wirklich heavy klingend. Die Bands hatte einige die hard Fans am Start, die jeden Song ihrer Helden inbrünstig mitsangen. Doch so richtig ab ging das Volk erst im zweiten Teil des gigs. Bei Hits der Schweizer wie Chains of Temptation und vor allem dem endgeilen Groovemonster Ashes to Ashes bleibt einfach kein Auge trocken. John suchte immer wieder den Kontakt zum Publikum, man merkte ihm aber noch ein wenig die Unsicherheit beim stage acting und bei den Ansagen an. Und so konzentrierte er sich in erster Linie aufs saubere Singen seiner Texte. Was dem sympathischen Lockenkopf mit indischen Wurzeln auch sehr gut gelang. Die Ansagen auf Hochdeutsch üben wir aber noch ein bisschen, gell? Sehr schöner Auftritt von Shakra, die man als Fan von erdigem und straighten Hardrock einfach kennen und mal live gesehen haben muss.

Mit Keel aus den Vereinigten Staaten verpflichteten die Veranstalter eine echte 80er US-Metal-Ikone, auf deren Auftritt ich persönlich mich schon seit Wochen gefreut hatte. Und gleich vorneweg: Trotz gewisser Zweifel, die man aufgrund der totalen Abstinenz von deutschen Bühnen haben durfte, wurde ich nicht enttäuscht. So lag Keels letzter Auftritt in unseren Gefilden doch sage und schreibe 25 Jahre zurück, als man als damals blutjunge Band im Vorprogamm von DIO größere Hallen bespielte.
Zum Gig: Dem Umstand geschuldet, dass viele der Fans vermutlich nicht sehr viele Keel-Songs kannten, und wegen einer gewissen Ermüdung nach dem langen Nachmittag, waren die Publikumsreaktionen im ersten Drittel des Auftritts auffallend zurückhaltend. Die Band um Ron Keel himself und um Gitarren-Urgestein Mark Ferrari gaben von der ersten Note aber Vollgas und bemühten sich sprichwörtlich um jeden Einzelnen Besucher in Schwabens nach wie vor urigstem Rock'n Roll Tempel. So schaffte es der charismatische und immer noch stark singende Frontmann auch schnell, Neugier in Wohlwollen und später in pure Begeisterung umzuwandeln. Der von den warmen Publikumsreaktionen sichtlich gerührte Ron Keel bedankte sich immer wieder ausführlich bei den Fans. So ließ er keinerlei Zweifel daran, dass Keel nur für sie wieder vereinigt sind und wir live endlich wieder in den Genuss von highlights wie das Patty Smith Cover Because the night, Speed Demon, Rock'n Roll outlaw oder Tears of Heaven kommen dürfen. Keel gab sich bei den meisten Songs selbst an der Gitarre die Ehre, worunter seine Agilität und Bühnenpräsenz aber absolut nicht litt. Im Gegenteil war er mit seinem Headset dauernd am Bühnenrand unterwegs und genoss sichtlich jede einzelne Note, jeden Blickkontakt und jeden Händedruck mit den Fans. Mit einer ehrlichen und völlig unpeinlichen Hommage an viel zu früh verstorbene Helden unserer Musik wie Gary Moore, Phil Kennemore oder Jani Lane läutete er den Song Here Today, Gone tomorrow und das letzte Drittel der Konzerts ein. Mit Reife, Demut und einer enormen Bühnenausstrahlung ausgestattet sorgten die Amis bei vielen Anwesenden für echte Gänsehautmomente.
Natürlich warteten die Fans auf die Keel-Hymne und einen der größten Metalgassenhauer der 80er schlechthin. Und bekamen was sie verdienten. The right to rock als Vollbedienung inclusive Mitgröhlpassage, die von der Meute dankend aufgenommen wurde. Nach zwei lautstark geforderten Zugaben ging dann ein für mich sensationeller Gig zu Ende, von dem ich schon nicht mehr zu träumen wagte. Love you, come back soon, guys!

Um für die Endrunde zu fortgeschrittener Stunde bei den Stage Dolls gerüstet zu sein, ließ ich mir erstmal eine schön fettige Pizza im RoFa-Bistro schmecken und plauderte mit ein paar netten Leuten. Außerdem lief mir Kissin' Dynamite Fronter Hannes über den Weg, der sich diesmal in der Rolle eines gewöhnlichen Fans dieses tolle Package nicht entgehen lassen wollte. Kurz entschlossen zerrte ich ihn zu einem Kurzinterview in den backstage Bereich, um ihn ein wenig über den Stand der Dinge des neuen Werks und der Situation bei KD allgemein auszuquetschen.Natürlich ließ sich der sympathische Schlaks von Schwabens größter Metalhoffnung nicht zwei mal bitten und stand gerne Rede und Antwort. Seine Ausführungen lest ihr demnächst hier in der Rubrik Interviews. Zurück zum Festival:
Mit etwas Verspätung aufgrund technischer Probleme betrat mit den Stage Dolls aus Norwegen um Zehn der headliner die Bühne. Trotz der fortgeschrittenen Stunde begrüßten immer noch eine Menge Fans die Band, die in den 80ern mit Hardrock und Glamrock ihre größten Erfolge feierte. Vom Glam alter Tage in optischer Hinsicht ist nicht mehr viel übrig geblieben, die Jungs waren eher in Alltagsklamotten unterwegs. Mit viel Spaß, Können und Spielfreude ausgestattet, zockten sie sich aber routiniert durch ihre größten Hits. Unkaputtbare Rockklassiker wie Love cries, Love don't bother me oder Wings of steel verfehlten dann auch ihre Wirkung nicht und wurden von der für einen Sonntag ausgesprochen partywütigen Horde gebührend abgefeiert. Kurz vor Ende des Konzerts und nach einem für mich etwas zu lang ausgefallenen drum solo musste ich dann auch den vielen Auftritten und dem bevorstehenden Arbeitstag Tribut zollen. Während vor der Bühne noch viele tanzende Gestalten mit glücklichen Gesichtern den Mannen um den glänzend aufgelegten Sänger und Gitarristen Torstein Flakne huldigten, ließ ich mit großer Zufriedenheit die gute alte Rockfabrik hinter mir. Ein Kompliment an die Veranstalter für die vorzügliche Organisation und das glückliche Händchen bei der Auswahl von ausnahmslos hochmotivierten Bands. Wir freuen uns auf das nächste H.E.A.T-Festival!


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Kommentare

by fitzi am 29.09.2011 - 16:14
Ein Top Bericht über ein Festival bei dem ich gerne am Start gewesen wäre. Merci an Pedrito der die Stimmung in seinem Bericht geil rüberbringt. Leider ist hier in Göttingen und Umgebung nichts dergleichen an Events besuchbar. Fettige Pizza gibts aber genug!!:)



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